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Den Umstieg vorbereiten: Welche Neuerungen bringt SAP S/4HANA?

Geschrieben von Martin Nussbaumer | 28. März 2019

Die Zukunft der SAP Business Suite heißt SAP S/4HANA. Früher oder später muss sich jedes Unternehmen mit dem Umstieg auf die neueste ERP-Generation von SAP auseinandersetzen. Was ändert sich im Vergleich zum bisherigen System und was bedeutet die Umstellung für die Prozesse im Unternehmen? Wer sich frühzeitig mit den Neuerungen von SAP S/4HANA vertraut macht und die Auswirkungen auf die unternehmenseigene IT-Landschaft gewissenhaft analysiert, vermeidet böse Überraschungen.

 

 

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System wird schlanker

Ein wesentliches Merkmal von SAP S/4HANA ist das „Principle of One“, das ein deutlich reduzierteres Datenmodell zur Folge hat. Anders als in konventionellen Datenbanksystemen sind mit der HANA-Technologie keine Aggregatstabellen mehr erforderlich. SAP S/4HANA berechnet Summen stattdessen „on the fly“. Der sogenannte Data Footprint schrumpft, weil weniger Daten abgelegt werden. „Principle of One“ bedeutet auch das Vermeiden redundanter Funktionalitäten: Für die gleiche Anforderung gibt es innerhalb des SAP-Systems keine unterschiedlichen Lösungen mehr.

 

 

Die Datenmodelle von SAP ERP und SAP S/4HANA im Vergleich.

 

Aufgaben davor und danach

Die Migration auf SAP S/4HANA erfordert einige vorbereitende Tätigkeiten, etwa in Bezug auf das Customizing und auf Datenabgleiche bzw. -verifikationen. Darüber hinaus fallen im Finance-Bereich auch nach dem technischen Upgrade Aktivitäten an, genauer gesagt zusätzliche Customizing-Schritte und Datenmigrationen, um beispielsweise die Tabelle ACDOCA zu befüllen. Da diese Folgeschritte manuell ausgeführt werden müssen, verlängern sie die Downtime des Systems.

 

Wann die Umstellungen im Finance-Bereich am besten erfolgen, ist vom Einzelfall abhängig. Handelt es sich um eine überwiegend technische Migration, ohne die Accounting-Prozesse anzupassen, spricht nichts gegen ein begleitendes Customizing. Ebenso sind Szenarien vorstellbar, in denen es Sinn ergibt, die neuen Hauptbuch-Funktionalitäten in einem Vorprojekt noch unter SAP ERP einzuführen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die bestehenden Prozesse in diesem Zuge redesignt werden sollen. Die Durchführung als Vorprojekt hilft dabei, den eigentlichen S/4HANA-Umstieg schlanker zu gestalten.

 

SAP S/4HANA vereinheitlicht verschiedene Funktionalitäten aus dem Finance-Kontext. Hier kommt erneut das „Principle of One“ zum Tragen. Bisher gab es für bestimmte Funktionalitäten, beispielsweise das Kreditmanagement, zwei Lösungen. Von diesen führt die SAP künftig nur noch eine strategisch weiter. Haben Unternehmen die andere Lösung im Einsatz, müssen sie umsteigen.

 

Kreditoren und Debitoren überführen

Eine der wichtigsten Änderungen betrifft den Business Partner, denn jedes Unternehmen hat Kunden und Lieferanten. In SAP S/4HANA löst der Geschäftspartner die klassischen Debitoren und Kreditoren ab, die Kunden- und Lieferantenstammdaten müssen folglich in die neue Struktur überführt werden. Diese Customer/Vendor-Umstellung ist zwingend vor dem Konvertieren auf SAP S/4HANA erforderlich; ohne sie lässt sich das Upgrade gar nicht erst starten.

 

Was ändert sich bei den Logistikmodulen?

Auch im Logistikumfeld gehen mit SAP S/4HANA einige Datenmoduländerungen einher. Die Materialnummer (Datenelement MATNR) hat künftig 40 Stellen, während es im SAP ERP nur 18 Stellen waren. Wer das 40-stellige Feld nutzen möchte, muss die Funktionalität beim Customizing explizit aktivieren. Die bestehenden Felder bleiben weitestgehend unverändert, die erweiterte Materialnummer kommt als zusätzliches Attribut hinzu. Unter Umständen sind Anpassungen im Code erforderlich, um Konflikte zu vermeiden. Im Modul MM setzt SAP S/4HANA auf ein schlankeres Datenmodell und eliminiert die Aggregatstabellen. Stattdessen erfolgt die Berechnung ebenfalls „on the fly“.

 

Kompatibilität sicherstellen

Eine generelle Besonderheit in SAP S/4HANA sind die Compatibility Views. Datenmodelle, die physisch nicht mehr verfügbar sind, werden emuliert, sodass andere (auch kundeneigene) Programme weiterhin darauf zugreifen können. Die Views sorgen also für die notwendige Kompatibilität. Verknüpfte Programme sprechen die Tabellen im Data Dictionary an und die Daten werden im Hintergrund berechnet. Kundenspezifische Programme können auf diese Weise wie bisher weitergenutzt werden; es ist nicht zwingend erforderlich, sie auf das neue Datenmodell anzupassen.

 

Verbesserte User Experience

Als Oberflächentechnologie in SAP S/4HANA bietet SAP Fiori den Anwendern ein modernes User Interface. Unternehmen können aber auch nach der S/4HANA-Umstieg weiterhin mit SAP GUI arbeiten. Zum einen wäre der Schulungsaufwand viel zu hoch, um sämtliche User auf die neuen Transaktionen zu bringen, zum anderen ergibt eine webbasierte Oberfläche nicht bei jeder Anwendung Sinn.

 

Mit Fiori baut SAP bestehende Funktionalitäten nicht einfach nach, sondern strukturiert die Benutzeroberflächen neu. Beispielsweise lassen sich komplexe Transaktionen in mehreren leichtgewichtigen Fiori-Apps abbilden, die jeweils einen Teil der Funktionalitäten erhalten. Von dieser Verschlankung profitieren insbesondere Gelegenheitsnutzer.

 

Mit SAP Fiori erhalten die Benutzeroberflächen eine neue Struktur.

 

Umgekehrt gibt es Fälle, in denen SAP S/4HANA Informationen, die bisher verstreut waren, an einer Stelle bündelt. Diese Vereinheitlichung erhöht ebenfalls die Benutzerfreundlichkeit. Bestimmte Innovationen und neue Funktionalitäten finden nur in SAP Fiori statt und lassen sich im SAP GUI nicht nutzen.

 

Angesichts der Komplexität einer Migration auf SAP S/4HANA ist es in Bezug auf SAP Fiori sinnvoll, sich Schritt für Schritt mit den neuen Funktionalitäten, den vereinfachten Prozessen und der verbesserten User Experience vertraut zu machen. Quick-Win-Szenarien vermitteln einen ersten Eindruck von der Leistungsfähigkeit von Fiori, ohne die Anwender und die IT zu überfordern. Von einem umfassenden Fiori-Roll-out parallel zum Umstieg auf SAP S/4HANA ist eher abzuraten.

 

Ready for Upgrade?

Damit sich Unternehmen bestmöglich auf die Migration auf SAP S/4HANA vorbereiten können, stellt SAP hilfreiche Tools bereit. Der SAP S/4HANA Readiness bzw. Simplification Item Check überprüft, ob die notwendigen Voraussetzungen für eine Konvertierung gegeben sind, und identifiziert die für das jeweilige Kundensystem relevanten Änderungen.

 

Der Readiness Check prüft die Voraussetzungen für den Umstieg auf S/4HANA.

 

Außerdem testet er, ob die vorhandenen Business Functions mit SAP S/4HANA kompatibel sind. Der Check gibt einen verlässlichen Überblick über mögliche Probleme beim Upgrade, ersetzt aber nicht die eingehende Analyse der betroffenen Funktionalitäten. In der Simplification List, die als PDF zum Download bereitsteht, führt SAP alle funktionalen Anpassungen von SAP S/4HANA auf.

 

Fazit

Wer erfolgreich auf SAP S/4HANA umsteigen möchte, sollte sich frühzeitig mit den Auswirkungen der Migration auf bestehende Anwendungen und den Custom Code auseinanderzusetzen. Beim Geschäftspartner und bei der (Daten-)Archivierung dürfte der Handlungsbedarf in vielen Unternehmen am größten sein. Damit die Konvertierung auf SAP S/4HANA und das damit verbundene Anpassen der Funktionalitäten gelingt, sollte der Projektschwerpunkt auf der eigentlichen Migration liegen, während Erfahrungen mit SAP Fiori zunächst in kleinem Umfang gesammelt werden.