Im letzten Artikel zum Thema Big Data haben wir gelernt, was unter diesem Begriff zu verstehen ist und dass es sich dabei um weit mehr als nur um einen Marketingbegriff handelt. Zur Definition des Phänomens wurden die in der Wissenschaft häufig verwendeten fünf Vs – Volume (Datenvolumen), Velocity (Geschwindigkeit), Variety (Datenvielfalt), Veracity (Korrektheit der Daten) und Value (Nutzen) – herangezogen. Jede dieser charakterisierenden Eigenschaften bringt ganz eigene Herausforderungen mit sich, die im Big-Data-Umfeld gelöst werden müssen.
Volume
Eine der offensichtlichsten Herausforderungen, die sich aus der Menge der Daten ergibt, ist die Frage nach der Speicherung. Je größer das Volumen, desto mehr Speicherplatz wird benötigt, um die Daten effizient abzulegen. Klassische Datenbanksysteme sind darauf nicht ausgelegt. Neue Technologien werden benötigt. Ebenso stellt die Verarbeitung dieser Datenmengen eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Ein Großteil der klassischen Analyseverfahren ist sowohl in Bezug auf den Speicher, der für die Ausführung benötigt wird, als auch hinsichtlich der Verarbeitungsgeschwindigkeit nicht darauf ausgelegt. Die Folge sind deutliche Performance-Einbußen.
Velocity
Auch die Geschwindigkeit bringt gleich mehrere Herausforderungen mit sich, da es nicht nur darum geht, die Daten möglichst schnell zu verarbeiten. Um zeitnah auf Veränderungen reagieren zu können, müssen die Daten möglichst aktuell sein. Echtzeit-Entscheidungen bedingen eine hohe Geschwindigkeit, mit der die Daten generiert, verarbeitet und übertragen werden. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Daten nicht veraltet sind und dadurch falschen Interpretationsspielraum eröffnen.
Variety
Je größer die Vielfalt der Datenarten ist, umso komplexer wird deren Verarbeitung und Speicherung. Ein Großteil der klassischen Systeme ist nur auf die Ablage und Analyse strukturierter Daten ausgelegt. Für die Vielfalt der Datenarten, die nun durch Big Data generiert werden, bedarf es neuer Ablage- und Verarbeitungsmöglichkeiten. Die Komplexität bezieht sich jedoch vor allem auf die notwendigen Vorarbeiten, die mit der Verarbeitung und Integration von unstrukturierten Daten einhergehen.
Veracity
Je größer die Menge an Daten ist, desto größer ist die Gefahr, dass diese verunreinigt, fehleranfällig oder ungenau sind. Da die Qualität der Daten einen erheblichen Einfluss auf die Qualität der Analyseergebnisse hat, ergibt sich aus der Fehleranfälligkeit eine weitere Herausforderung. Gute Entscheidungen können nur dann getroffen werden, wenn die zugrundeliegenden Daten von guter Qualität sind. Diese Qualität basiert auf verschiedenen Faktoren wie Vollständigkeit, Korrektheit und Zuverlässigkeit. Durch die Masse an Daten, die Geschwindigkeit, mit der sie generiert und verarbeitet werden, sowie die Anforderung an die schnelle Bereitstellung wird es immer schwerer zu prüfen, ob die Daten vollständig und korrekt sind.
Weitere Herausforderungen, die nicht unbedingt technologischer Art sind, sind Datenschutz und Datensicherheit. Der europäische Datenschutz sieht vor, dass alle personenbezogenen Daten einer Zweckbindung unterliegen müssen. Richtsätze der Datenvermeidung und Datensparsamkeit müssen beachtet werden, was bedeutet, dass bereits vor der Erhebung darauf geachtet werden muss, dass die persönlichen und sensiblen Daten auf ein Minimum beschränkt werden. Zudem ist das Prinzip der Transparenz zu beachten, das besagt, dass jede Person die Möglichkeit haben muss zu erfahren, welche Daten über sie erhoben werden, aus welchem Grund und wie lange sie gespeichert werden.
Es ist notwendig, eine Data Governance aufzubauen und zu etablieren, um Betrug und Manipulation von Daten zu verhindern. Darunter versteht man ein Regelwerk von Vorgaben zur ordnungsgemäßen Verwaltung digitaler Daten in einem Unternehmen. Beispielsweise wird darin festgelegt, wie Daten abgelegt werden sollen, sodass sie sicher, aber trotzdem leicht zugänglich sind. Es wird bestimmt, wer für welche Informationen zuständig ist und wie mit den Daten umgegangen werden soll. In Anbetracht der Datenvolumen, die erhoben werden, ist es allerdings schwierig, diese Grundsätze konsequent einzuhalten.
Value
Die größte Herausforderung liegt jedoch darin, einen wirklich nützlichen Geschäftswert aus dem Einsatz von Big Data zu ziehen. Die eigentliche Idee hinter der Verarbeitung von Big Data ist es, konkrete Antworten auf konkrete Fragestellungen zu finden und einen Mehrwert daraus zu generieren. Es geht darum, die richtigen Fragen zu stellen und sich über die Ziele, die man erreichen möchte, klar zu werden. Welche Probleme gibt es, die adressiert werden müssen? Welche Chancen, die ergriffen werden können? Erst wenn man sich darüber im Klaren ist, was man erreichen möchte, und Use Cases identifiziert hat, kann man den Wert von Big Data nutzen.
Der Wert von Big Data
Der Wert, der sich aus dem Einsatz ergibt, bezieht sich in den meisten Fällen auf die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen, die Generierung von Einsparungspotenzialen, die Optimierung von Geschäftsprozessen oder die Schaffung neuer Geschäftsmodelle. Mit Big Data können Unternehmen früher auf Marktveränderungen reagieren. Sie können sich schneller als der Wettbewerb auf Veränderungen einstellen und so einen Wettbewerbsvorteil sichern. Als Beispiel seien hier Nachfragetrends genannt, die Unternehmen anhand der Analyse von Suchanfragen oder Posts in sozialen Netzwerken frühzeitig erkennen können. Darüber hinaus kann auf bedrohliche Ereignisse früh genug reagiert und größere Schäden können vermieden werden.
Weiterhin hält der Einsatz von Big Data gerade im Marketing- und Vertriebssektor große Potenziale bereit. Um Kunden an sich zu binden, ist es notwendig, diese genau zu verstehen, um besser auf ihre Wünsche eingehen zu können. Helfen kann dabei vor allem die Erstellung von Bewegungs-, Kauf- und Persönlichkeitsprofilen. Durch die Analyse solcher Daten können zielgruppengerechte Werbemaßnahmen geschaltet und so die Kosten für Marketingkampagnen gesenkt werden. Eine direkte, persönliche Ansprache von Kunden kann deren Kaufentscheidungen maßgeblich beeinflussen. Zu wissen, welche Bücher ein Kunde bisher gekauft hat, über welche Themen er sich informiert, wo und wie er lebt, kann einem digitalen Buchhändler helfen, die Bücher vorzuschlagen, die der Kunde als Nächstes lesen möchte. Darüber hinaus kann durch die Erfassung des Verhaltens erkannt werden, was Kunden mögen, worauf aufbauend neue Produkte oder Geschäftsmodelle entwickelt werden können.
Die Kombination der Möglichkeit der Echtzeitverarbeitung von Daten aus unterschiedlichsten Quellen – etwa verschiedenen Sensoren – mit darauf angewendeten prädiktiven Analyseverfahren erlaubt es beispielsweise Produktionsunternehmen, bevorstehende Maschinenausfälle frühzeitig vorherzusagen. Eine vorausschauende Wartung wird ermöglicht, wodurch teure reaktive Maßnahmen der Vergangenheit angehören.
Unternehmen der Handelsbranche können durch die Kombination der Daten über eigene Warenbestände mit Trenddaten aus sozialen Netzwerken bedarfsorientierte Warenbestellungen ausführen. Die optimale Auslastung von Warenlagern sowie die Durchführung von optimierten Logistikprozessen, beispielsweise in der Belieferung von Produktionsstätten, sind ebenfalls Potenziale von Big Data.
Aber auch in ganz anderen Unternehmensbereichen lässt sich Geschäftswert generieren. So kann beispielsweise die Motivation von Mitarbeitern verbessert werden, indem Gründe für Burnout-Raten identifiziert und beseitigt werden. Gleichzeitig können Faktoren erkannt und verstärkt werden, die zu einer Steigerung der Motivation führen.
Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz von Big Data die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die vorher nicht denkbar waren. So ist es beispielsweise möglich, eine Massenindividualisierung von Produkten durchzuführen. Dazu benötigt es ein intelligentes System, das während der Eingabe von Informationen durch einen Benutzer Angebote oder Informationen erstellt, die speziell auf diesen ausgerichtet sind. Als Beispiel seien hier personenbezogene Versicherungsprodukte oder tägliche Gesundheitsdiagnosen genannt. Hersteller von Produktionsanlagen können ihr Angebot des reinen Verkaufs von Anlagen um das Monitoren und Warten derselben aus der Ferne und damit einhergehend um ein Serviceangebot erweitern.
Was müssen Unternehmen tun?
Bezogen auf die Wirtschaft gilt: Unternehmen müssen bereit sein, neue Informationen heranzuziehen, um neue Erkenntnisse gewinnen zu können. Auf den ersten Blick belanglos erscheinende Informationen können in Kombination mit anderen Daten wertvolle Einblicke bieten. Es ist die Vielfalt der Daten, die scheinbar nicht zusammenhängende Einzelinformationen in einem neuen Kontext wichtig werden lässt. Das ist der Kern von Big Data.
Die größte Herausforderung von Big Data liegt allerdings nicht im Sammeln und Verarbeiten der Daten, sondern darin, für das eigene Unternehmen daraus einen realen Geschäftswert zu ziehen. Das bedeutet, dass Unternehmen sich zunächst über die eigenen Ziele bewusst werden müssen. Diese Ziele können herangezogen werden, um Fragestellungen, die durch die Verwendung von Daten beantwortet werden können, zu finden und damit einhergehend Geschäftsszenarien zu identifizieren. Dies sollte Ausgangspunkt einer Big-Data-Strategie in jedem Unternehmen sein.
Wie Sie Use Cases und dadurch das Potenzial von Big Data für Ihr Unternehmen identifizieren können, aber auch, was Sie im Rahmen weiterer notwendiger Schritte in Bezug auf die Auswahl von Daten, die Selektion von Analyseverfahren, die Kommunikation von Analyseergebnissen und die letztendliche Transformation des Geschäfts beachten sollten, können Sie in unserem Webinar über die SMART-Methode nach Bernard Marr erfahren.