Fast 60 % der deutschen Industrieunternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern setzen inzwischen Industrie 4.0 ein. Das hat eine repräsentative Bitkom-Studie ermittelt. Im Vergleich zu 2018 bedeutet das ein Plus von 10 %. Der Anteil von Unternehmen, für die Industrie 4.0 überhaupt keine Rolle spielt, ist im selben Zeitraum von 9 % auf 1 % zurückgegangen. Für die Studie hat der Digitalverband Bitkom 552 Industrieunternehmen in Deutschland befragt.
Die deutliche Mehrheit der befragten Unternehmen messen der Industrie 4.0 überragende Bedeutung für den künftigen Geschäftserfolg bei. 94 % sehen in ihr die Voraussetzung für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Mehr als jeder Zweite berichtet von einer Schubwirkung für das eigene Geschäft durch Industrie 4.0. Während 93 % Industrie 4.0 als Chance betrachten, werten sie lediglich 5 % als Risiko.
„Fast alle Unternehmen haben sich auf den Weg in Richtung Industrie 4.0 gemacht“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Dabei darf diese positive Entwicklung durch Corona keinen Dämpfer erfahren. Je digitaler die Industrieunternehmen aufgestellt sind, desto schneller werden sie sich von den Folgen des Shutdowns erholen.“
Es lässt sich feststellen, dass die Unternehmen die Auswirkungen von Industrie 4.0 und der Digitalisierung immer deutlicher spüren. Bei fast drei Viertel der Befragten verändern sich nicht nur einzelne Abläufe oder Prozesse, sondern ganze Geschäftsmodelle. 2018 lag dieser Wert erst bei 59 %. Jedes zweite Unternehmen entwickelt neue Produkte und Dienstleistungen oder plant dies; jedes Vierte verändert bestehende Produkte oder möchte es künftig tun. 28 % nehmen bisherige Produkte und Dienstleistungen komplett vom Markt.
Die zunehmende Verbreitung von Industrie 4.0 wird häufig von Plattformmodellen begleitet. 88 % der deutschen Industrieunternehmen entwickeln digitale Plattformen neu oder weiter oder beteiligen sich daran. Auf den Plattformen lassen sich Produkte oder Services vertreiben oder Kunden mit Lieferanten vernetzen. 45 % haben im Zuge von Industrie 4.0 sogenannte Pay-per-use- oder Production-as-a-Service-Modelle eingeführt.
Wirklich disruptives Potenzial haben die neuen Geschäftsmodelle allerdings in den seltensten Fällen. Nur 3 % der Unternehmen haben ihre bisherigen Geschäftsmodelle komplett abgelöst. Bei 77 % existieren neue und alte Geschäftsmodelle zunächst noch nebeneinander.
Künstliche Intelligenz (KI) findet als weitere Schlüsseltechnologie des digitalen Zeitalters bisher weniger Verbreitung. Aktuell nutzen 14 % der Unternehmen KI im Kontext von Industrie 4.0. Ein typisches Einsatzszenario ist Predictive Maintenance, um den Betrieb von Maschinen zu überwachen und Maschinenausfälle anhand von Sensordaten präventiv zu verhindern. Neben der vorausschauenden Wartung (43 %) erkennen die Unternehmen die größten Chancen von künstlicher Intelligenz in Produktivitätssteigerungen (41 %) und der Optimierung von Produktions- und Fertigungsprozessen (39 %).
Im internationalen Vergleich sehen die Studienteilnehmer Deutschland gut aufgestellt. 22 % der Unternehmen sehen Deutschland derzeit weltweit auf einer Spitzenposition in Bezug auf Industrie 4.0. Das sind die zweitmeisten Nennungen hinter den USA mit 27 %. Dahinter folgen die asiatischen Länder Japan (19 %), China (14 %) und Südkorea (9 %).