Bereits 2018 geht die SAP davon aus, mehr Umsatz im Cloud-Geschäft zu machen als mit On-Premise-Software. Woher der Optimismus? Was sind die Beweggründe, die SAP-Kunden dazu bringen, verstärkt in Cloud-Services zu investieren? Welche Rolle spielen dabei die Produkte des Softwareanbieters?
Betrachtet man die aktuellen Umsatzzahlen aus dem Halbjahresbericht 2017, kann man nachvollziehen, worauf sich der Optimismus der SAP begründet. 31 % Wachstum im Cloud-Business sprechen eine deutliche Sprache. Schon jetzt sind die kumulierten Umsätze für Cloud-Lizenzen und Support höher als die Lizenzeinnahmen im klassischen Geschäft. Vergleicht man diese jedoch mit den kumulierten Umsätzen aus Support und Lizenzgeschäft im ersten Halbjahr 2017, gibt es noch deutlichen Aufholbedarf. Dennoch scheint der Trend klar. Zweistellige Wachstumsraten im Cloud-Geschäft gegen mittlere einstellige für On-Premise-Software.
Ein großer Faktor für das Wachstum der Cloud-Branche ist die wachsende Bereitschaft, in neue Technologien zu investieren. Viele haben erkannt, dass Cloud-Technologien zentrale Treiber und integrativer Bestandteil der digitalen Transformation sind. Um diesen Kunden ein entsprechendes Angebot bieten zu können, hat SAP so einiges bewegt. Akquisitionen, zum Beispiel Ariba, Hybris und SuccessFactors, sowie strategische Partnerschaften mit Google und AWS werden ergänzt durch Bestrebungen, eine zukunftssichere IT für die Kunden bereitzustellen. Im Kontext von Digitalisierungsprojekten spricht man dabei häufig von einer „IT der zwei Geschwindigkeiten“. Diese besteht aus einem stabilen Core, der das Fundament für alle Prozesse und Applikationen bildet, und einem agiler Layer, um schnell reagieren zu können. S/4HANA und die SAP Cloud Platform für die Realisierung von Geschäftsmodellen. Und ja, die Vorteile der neuen, anfänglich noch fehleranfälligen Produkte der SAP überwiegen inzwischen die Startschwierigkeiten, die man mit diesen hatte.
Doch wenn man sich im Markt umhört, entsteht unter Umständen ein ganz anderes Bild. Vor allem im Mittelstand herrscht eine weit verbreitete Meinung, die der SAP vorwirft, Kunden mit ihrer Produktpolitik in die Cloud zu zwingen. Viele der SAP-Produkte gibt es oder wird es in Zukunft nur noch als Cloud-Lösung geben. Das Risiko, neue Technologien nicht nutzen zu können und so den Anschluss an den Wettbewerb zu verlieren, ist demnach allgegenwärtig.
An der Cloud geht in der SAP-Welt kein Weg mehr vorbei – trotz aller Bedenken hinsichtlich Sicherheit, Datenschutz und Verfügbarkeit. Vielleicht mag dieser Eindruck tatsächlich entstehen, doch birgt dieser „Zwang“ auch Chancen für dieses Kundensegment. Digitalisierungsprojekte werden hier aus Ressourcengründen häufig nicht mit letzter Konsequenz vorangetrieben, was langfristig zu Problemen führen kann. Verändert sich der Markt, werden diejenigen überleben, die auf die Veränderung vorbereitet sind. Ob ein Hersteller von Zündkerzen in Zeiten der Elektromobilität noch weiter erfolgreich sein wird, kann gerne diskutiert werden. Vielleicht gibt es aber Ansätze, über ein verändertes Geschäftsmodell Services zu vermarkten, die zum Unternehmen passen und dessen Fortbestand sichern. Und genau dafür lohnt es sich, agil zu werden – in der IT und im eigenen Kopf.
Um diese Frage beantworten zu können, gilt es, verschiedene Zielgruppen im Markt etwas differenzierter zu betrachten. Seitens des Softwareherstellers mag die Fokussierung auf die Cloud „nur“ ein weiterer Technologieschritt sein, der allerdings notwendig ist, um sich und seinen Kunden eine Business Reformation zu ermöglichen.
Business Reformation bei SAP bedeutet: weg vom klassischen Lizenz- und Supportmodell für On-Premise-Software, hin zu einem Geschäftsmodell basierend auf Cloud Subscriptions. Für den LE-Kunden bedeutet sie den Aufbau neuer Geschäftsmodelle und die Digitalisierung des Unternehmens basierend auf agilen Methoden und der intelligenten Komposition von Cloud Services. Und der Mittelstand sollte im Rahmen seiner Möglichkeiten die Strategie der SAP als Chance erkennen und sich fragen, was Digitalisierung für ihn selbst bedeutet und wie er seine Zukunft gestalten möchte.