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Wie Sie das optimale BI-Self-Service-Tool finden

Geschrieben von Zeljko Stojanovic | 13. August 2020

Self-Service-Tools im Bereich Business Intelligence befähigen die Mitarbeiter des Fachbereichs, eigenständig zu arbeiten. Deren daraus resultierende Unabhängigkeit entlastet gleichzeitig die IT. Angesichts der großen Auswahl an BI-Self-Service-Tools auf dem Markt fällt die Wahl der besten Lösung nicht leicht. Eine gewissenhafte Entscheidung fußt darauf, dass Unternehmen nicht nur die reinen Funktionalitäten der Self-Service-Tools bewerten, sondern auch die vorhandene IT-Landschaft berücksichtigen, in der die Lösung funktionieren muss.

 

Für unseren Vergleich haben wir die vier Lösungen Microsoft Power BI, Tableau, SAP Lumira und SAP Analytics Cloud ausgewählt. In unserem Szenario setzen wir voraus, dass das fiktive Unternehmen, das auf der Suche nach einem BI-Self-Service-Tool ist, SAP BW/4HANA im Einsatz hat. Somit ergibt sich als Grundanforderung eine möglichst reibungslose Kommunikation und Kollaboration der Lösung mit dem SAP-BW-Backend. Die Stärken und Schwächen im Zusammenspiel der verschiedenen Tools mit einem Business Warehouse von SAP fließen also in die Bewertung ein.

 

Power BI: Kraftvolles Tool mit Einschränkungen im SAP-Umfeld

Power BI ist die Business-Intelligence-Lösung von Microsoft. Ein starkes Argument für dieses Tool sind die an Microsoft Office angelehnten Oberflächen. Sie sind den Anwendern vertraut, sodass sich diese schnell zurechtfinden und Power BI intuitiv bedienen können. Datenmodelle lassen sich schnell einspielen und bearbeiten. Interaktive Dashboards und Reportings werden zum Teil per Drag-&-drop erstellt, auch Geo-Mapping ist leicht umzusetzen. Zudem hat Microsoft in Power BI seine Advanced Services, zum Beispiel Cortana und Skill Bot, integriert.

 

Zu den weiteren Leistungsmerkmalen von Power BI zählt ein SAP-HANA-Konnektor, der die Anbindung an eine HANA-Datenbank sicherstellt. SQL-Statements erzeugen in kurzer Zeit Ad-hoc-Berichte. Für tiefergehende Analysen lassen sich die notwendigen Informationen aus erster Hand heranziehen. Data Analysis Expressions (DAX) ist eine Bibliothek mit über 200 Funktionen, Operatoren und Konstrukten. Sie bietet die Möglichkeit, Kalkulationen on the fly zu erstellen. Power BI bietet eine immense Flexibilität in Bezug auf das Stellen von Measures, das Berechnen von Ergebnissen und das Ziehen von Summen. R und Python sind fest in Power BI integriert, sodass der Visualisierung von Daten praktisch keine Grenzen gesetzt sind, sofern man diese Skriptings beherrscht.

 

 

Unbestritten ist Microsoft Power BI ein leistungsfähiges Tool. Im Zusammenspiel mit SAP-Software bringt es jedoch einige Einschränkungen mit sich. So ist es nicht möglich, innerhalb von Power BI auf die Attribute eines Merkmals zuzugreifen. Zudem werden berechnete Spalten nicht unterstützt. Customer-Exit-Variablen werden von den öffentlichen APIs nicht verfügbar gemacht und daher von Power BI ebenfalls nicht unterstützt. Dass bedeutet, dass existierende Reports im Unternehmen, die darauf basieren, nicht zur Verfügung stehen. Wer über die Anschaffung von Power BI nachdenkt, muss vorrangig die Frage klären, ob die vorhandenen Reports anschließend noch nutzbar sind oder ob sie neu aufgesetzt bzw. angepasst werden müssen. Unternehmen, die ohnehin ein neues Reporting aufsetzen möchten, können diesen Aspekt vernachlässigen.

 

Tableau: Stark bei großen Datenmengen, Schwächen bei Queries

Tableau gehört zweifellos zu den etabliertesten Anbietern von Business-Intelligence-Software. Eine der größten Stärken des Tools ist das einfache Gestalten von interaktiven Visualisierungen. Da es für enorm große Datenmengen konzipiert wurde und diese in kürzester Zeit verarbeitet, stellt Tableau sicherlich das Nonplusultra der BI-Self-Service-Tools in Verbindung mit Data Lakes dar. Die geladenen Daten werden intelligent interpretiert und Änderungen live übernommen. Zudem ermöglicht Tableau das Blenden von Daten: Unterschiedliche Datenquellen und Queries lassen sich übereinanderlegen, veröffentlichen und in Dashboards nutzen.

 

Die Integration von R und Python bietet viele Freiräume für die Visualisierung von Charts. Drag-&-drop-Funktionalitäten sorgen für ein einfaches Erstellen von Reports und Dashboards. Das Geo-Mapping ist deutlich detaillierter als bei SAP Lumira und der SAP Analytics Cloud. Durch Anbindung an die HANA-Datenbank lassen sich Calculation Views im Backend anzapfen, um Daten zu ziehen. Insgesamt überzeugt die hohe Flexibilität von Tableau.

 

 

Ähnlich wie bei Power BI müssen Anwender aber auch bei Tableau gewisse Einschränkungen in Bezug auf die Zusammenarbeit mit SAP-Tools hinnehmen. Beispielsweise werden die Berichte nicht automatisch aktualisiert. Ein großes Manko für die Queries ist die ausschließliche Unterstützung von Infocubes und InfoProviders, die Infocubes enthalten. Queries, die nicht auf diesen Objekten basieren, können folglich nicht genutzt werden. Dieses Defizit ist ein Grund dafür, dass sich Unternehmen bei einem vorhandenen SAP BW/4HANA gegen Tableau als Self-Service-Tool entscheiden. Weiterhin fehlt die Unterstützung für zahlreiche BW-Objekte, zum Beispiel Hierarchien und voraggregierte Daten, sowie für weitere Styles, die SAP in ihren Datenbanken anbietet.

 

SAP Lumira: Abgespeckte Funktionalitäten, tolles Entwickler-Tool

Bei SAP Lumira handelt es sich um ein On-premise-Tool, das sich einfach in vorhandene SAP-Umgebungen integrieren lässt – ohne Einschränkungen, wie Unternehmen sie bei Power BI oder Tableau hinnehmen müssen. Neben dem Reporting sind auch Predictive Analytics und Planung mit SAP Lumira möglich. Es ist ein einfaches Tool, das sich vor allem für das schnelle Bauen von Dashboards eignet. Der Einstieg in SAP Lumira erfolgt über die typischen SAP-Kacheln.

 

Was die Funktionsvielfalt angeht, müssen Anwender bei SAP Lumira Abstriche im Vergleich zu den drei anderen Tools machen. Allerdings unterstützt die Lösung die visuelle Datenaufbereitung und stellt ein leistungsstarkes Entwicklungs-Tool für analytische Applikationen zur Verfügung. Dadurch führt es die Arbeit von IT-Abteilung und Endanwendern enger zusammen. Mit SAP Lumira Discovery kann der Fachbereich unabhängig von der IT Dashboards erstellen und Echtzeitanalysen durchführen. Die IT wiederum setzt grundlegende Anforderungen an das Analysewerkzeug mithilfe von SAP Lumira Designer schnell um.

 

 

Funktional hat SAP Lumira einige Einschränkungen im Vergleich zu Power BI, Tableau und der SAC. So fehlt eine Integration von R und Python, woraus limitierte Möglichkeiten bei der Visualisierung von Charts und anderen Objekten resultieren. Zudem ist die Anzahl der Datenquellen niedriger als bei Power BI, Tableau und der SAP Analytics Cloud. Und SAP Lumira bietet weniger Möglichkeiten, um Daten und Reports im Unternehmen zu teilen. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei SAP Lumira um ein vollentwickeltes Analyse-Tool, dessen Schwerpunkt in der Funktionalität und nicht in der Visualisierung liegt. Die Support-Verlängerung von BusinessObjects und damit von Lumira zeigt, dass SAP das Self-Service-Tool nicht abgeschrieben hat. Wenn man davon ausgeht, dass SAP BW/4HANA als Datenlieferant vorhanden ist, bietet das Tool in Bezug auf die Schnittstellen Vorteile gegenüber Nicht-SAP-Tools.

 

SAP Analytics Cloud: Beste Lösung für SAP-BW-Umgebung

Die SAP Analytics Cloud (SAC) ist derzeit das SAP-Flaggschiff im Bereich der Analyse-Tools. SAP pusht die Lösung massiv und betreibt erheblichen Aufwand, um die Weiterentwicklung der SAC voranzutreiben. Ein Schwerpunkt dabei liegt auf der Integration von Add-ons und zusätzlichen Features. Zeitweise wurden alle zwei Wochen Updates für die SAP Analytics Cloud bereitgestellt.

 

Eine On-premise-Variante der SAC gibt es nicht, die Nutzung erfolgt ausschließlich über den Browser. Da die SAP Analytics Cloud von SAP gehostet wird, fällt kein Maintenance-Aufwand für die Unternehmens-IT an. Der Nachteil der reinen Cloud-Lösung wiederum ist, dass sie kein Offline-Arbeiten ermöglicht. Dafür ist die SAC beliebig skalierbar und verarbeitet auch große Datenmengen problemlos. Die Funktionalitäten Predictive Analytics und Planung lassen sich einfach per Knopfdruck anwenden.

 

 

Aus technischer Sicht spielt die SAP Analytics Cloud ihre Stärken insbesondere bei der Integration in vorhandene SAP-Umgebungen aus. Bringt ein Unternehmen einen starken SAP-Background mit, ist die SAP Analytics Cloud als Analyse-Tool nahezu unschlagbar. Die Startseite lässt sich nach individuellen Wünschen gestalten. Für das Bauen von Stories steht eine Vielzahl an vorgefertigten Templates bereit.

 

Außerdem bietet die SAP Analytics Cloud erweiterte Datenmodellierungsfunktionen. Daten können von On-premise-, Hybrid- und Cloud-Quellen live angezapft werden. Der Digital Boardroom bietet als Teil der SAC umfangreiche Visualisierungsmöglichkeiten, die beispielsweise in Management-Sitzungen zur Anwendung kommen. Dass die Integration von R, aber nicht von Python vorhanden ist, bedeutet einen Nachteil gegenüber Power BI und Tableau, wobei dieser Aspekt im alltäglichen Umgang mit Self-Service-Tools nicht so sehr ins Gewicht fällt. Eine weitere Einschränkung ist das fehlende Broadcasting: Es ist nicht direkt möglich und es sind keine Add-on-Erweiterungen vorhanden.

 

Fazit: Gründliches Abwägen der Vor- und Nachteile

Welches BI-Self-Service-Tool ein Unternehmen nutzen sollte, hängt von den jeweiligen spezifischen Anforderungen ab. Letztlich kommt es auf das individuelle Abwägen und den besten Kompromiss an. Dabei gilt es, auch das vorhandene Szenario einer SAP- oder Nicht-SAP-Umgebung zu berücksichtigen.

 

Die Frage nach der idealen Lösung ist auch davon abhängig, wie das Reporting im Unternehmen aussieht und welche Funktionalitäten das BI-Self-Service-Tool unbedingt mitbringen muss. Zudem sollten die Anforderungen und das Know-how der Anwender, die das Tool bedienen, in die Bewertung einfließen. Welche Funktionalitäten vermissen sie bei der aktuellen Software? Ist die Software so komplex, dass ein erheblicher Schulungsaufwand für die Mitarbeiter entsteht?

 

Unter Umständen macht die Entscheidung für ein bestimmtes Tool auch zusätzliche Arbeiten erforderlich, weil die vorhandenen Datenmodelle umgebaut werden müssen. Solche Anpassungen werden etwa bei Power BI und Tableau für Unternehmen mit SAP-BW-Infrastruktur notwendig, da beide Tools eine Schnittstellen-Problematik zu SAP mitbringen. Beispielweise können mit ihnen keine Hierarchie-Daten genutzt werden. Wichtig ist, die infrage kommenden Tools im Vorfeld der Investitionsentscheidung intensiv in den vorhandenen Systemen zu testen, um zu erkennen, wie gut sie unter realen Bedingungen funktionieren und ob etwaige Backend-Anpassungen in einer gesunden Relation zum Nutzen der neuen Lösung stehen. Grundsätzlich hat jedes der vorgestellten Tools seine Berechtigung, weil Power BI, Tableau, SAP Lumira und SAP Analytics Cloud jeweils individuelle Stärken mitbringen.