Ökologische und soziale Nachhaltigkeit sowie verantwortungsbewusstes Handeln rücken immer stärker in den Fokus von Gesellschaft, Politik und Unternehmen. Die Anforderungen, die Organisationen in Bezug auf den Themenkomplex „Environmental, Social & Governance (ESG)“ erfüllen müssen, nehmen stetig zu – nicht zuletzt durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union. Die Richtlinie verpflichtet Unternehmen, einen jährlichen Lagebericht zur Ausrichtung und den Verhaltensgrundsätzen ihrer Geschäftsaktivitäten hinsichtlich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung zu veröffentlichen.
Leitfaden: Wie die HR-Abteilung ihren ESG-Berichtspflichten nachkommt
Für wen gilt die CSRD?
Das Ziel der CSRD ist es, Investitionen auf nachhaltige Technologien und Unternehmen zu lenken. Die Anforderungen der EU-Richtlinie sind maßgeblich für kapitalmarktorientierte Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden drei Bedingungen erfüllen:
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Mehr als 250 Mitarbeiter
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Nettoumsatz höher als 40 Millionen Euro
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Bilanzsumme höher als 20 Millionen Euro
Die Einhaltung der CSRD -Bestimmungen zum ESG Reporting beeinflusst somit zukünftig auch direkt Investitionsentscheidungen Ihrer Kunden und wirkt sich auf die Arbeitgeberattraktivität Ihres Unternehmens aus. Es liegt also gerade in Zeiten des Fachkräftemangels im ureigenen Interesse Ihrer Organisation, sich zu den ESG-Themen auch aus dem Blickwinkel der Kunden- und Arbeitnehmerattraktivität heraus zu positionieren.
Was muss berichtet werden?
Unternehmen werden in der CSRD aufgefordert, Stellung zu Auswirkungen ihrer Wertschöpfungskette und ihrer geschäftlichen Aktivitäten hinsichtlich Mitarbeiter, Partner, Lieferanten und Mitmenschen zu beziehen. Die Berichterstattung muss die Chancen und Risiken aufführen, die sich für die ESG-Themenfelder Umwelt, Soziales und Unternehmensführung aus der Wertschöpfungskette eines Unternehmens ableiten.
Es gilt es offenzulegen, welche Ansätze Unternehmen zur Achtung von Menschenrechten sowie zur Vermeidung von Menschenhandel, Zwangsarbeit und Kinderarbeit verfolgen. Ebenso müssen Unternehmen berichten, wie etwaige Missstände bezüglich der genannten Aspekte verfolgt und überwacht werden. Sie müssen auch Auskunft geben, ob ihre eingeleiteten Maßnahmen bei Mängeln und Verstößen, wirksam sind – zum Beispiel bei der Lieferantenauswahl.
Die Relevanz von HR-Themen im Kontext ESG
Wie beschrieben, bezieht sich ESG grundsätzlich auf die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens und geht in einigen Aspekten auch über die eigene Organisation hinaus. Dabei wird eine Reihe von personalwirtschaftlichen Themen gestreift.
Aus HR-Sicht umfasst die Berichtspflicht Informationen zu Arbeitnehmerbelangen, Menschenrechten und Korruptionsbekämpfung sowie Kennzahlen zu Belegschaft, Lieferanten, Sub-Unternehmen und Mitmenschen. Indem die Personalabteilung relevante Daten zu ESG-Fragestellungen bereitstellt, leistet sie einen wertvollen Beitrag für das Unternehmen und schafft Mehrwerte für Mitarbeiter und die Personalorganisation insgesamt. Viele Kennzahlen, die im Zusammenhang mit der CSRD und dem Thema ESG berichtet werden müssen, sind dabei nicht komplett neu, sondern werden von den Unternehmen wahrscheinlich heute ohnehin bereits erfasst.
Der nachfolgende Auszug gibt einen Überblick über die wichtigsten HR-Kennzahlen, die für das ESG Reporting relevant sind:
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Mitarbeiter nach Alters- und Belegschaftsstruktur
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Mitarbeiter mit Erkrankungen, Behinderungen und Einschränkungen
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Arbeitsplatzbedingte Erkrankungen und Ausfallzeiten
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Ausfallzeiten durch arbeitsplatzbedingte Erkrankungen und Todesfälle
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Arbeitsunfälle mit und ohne Todesfolge (müssen auch bei Sub-Unternehmern und Lieferanten angefragt werden, weil die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet wird)
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Erkrankungsfälle von Nicht-Mitarbeitern aufgrund der Unternehmensaktivität
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Sterbefälle aufgrund von Erkrankungen durch Arbeitsplatz
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Familienbezogene Abwesenheiten (Elternzeit, Mutterschutz etc.)
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Gemeldete Beschwerden, Verletzung von Arbeitnehmerrechten und ethische Vergehen
Daten rund um die Mitarbeiter
Zu den wichtigsten personenbezogenen Daten, die im Zuge des ESG Reportings eine Rolle spielen, gehören die Alters-, Qualifikations- und Diversity-Strukturen Ihrer Belegschaft. Diese werden heute schon von den meisten Unternehmen erfasst, um die strategische Mitarbeiterstruktur zu verstehen und proaktiv zu gestalten. Ebenso berichten die meisten Organisationen bereits Fehlzeitenquoten, da sie auf die Themen Arbeitnehmerfürsorgepflicht und Produktivität einzahlen. Sie müssen also bei ESG Reporting nicht bei null anfangen, sondern können idealerweise bereits auf vorhandene Daten zurückgreifen.
Darstellung der Belegschaft nach Alter und Geschlecht
Zusätzlich umfassen die ESG-Vorgaben aber auch Kennzahlen, die weiter gefasst sind. Hier geht es etwa um Mitarbeiter mit Einschränkungen, Arbeitsunfälle mit und ohne Todesfolge, familienbezogene Abwesenheiten und ethische Vergehen, sowie aggregierte Daten Ihrer Dienstleister für Vorprodukte und Ihrer Subunternehmen entlang Ihrer Wertschöpfungskette.
Mitarbeiter mit Einschränkungen und Arbeitsunfälle
Konsolidierung und Bereitstellung der HR-Daten
Die für das ESG Reporting erhobenen Daten kommen aus unterschiedlichen Quellsystemen und müssen zunächst konsolidiert sowie in die entsprechenden Formate für die Berichterstattung gebracht werden. Gängige Quellsysteme von HR-Daten sind beispielsweise SAP SuccessFactors, SAP HCM und SAP HXM, SAP S/4HANA sowie weitere gängige Arbeitszeit- und Statistiksysteme. Ideal ist es, für die Daten einen Single Point of Truth zu schaffen, um eine Parallel-Berichterstattung zu vermeiden. Hierfür eignet sich ein Data Warehouse, das in der Lage ist, verschiedene Systeme anzubinden und die Daten konsolidiert bereitzustellen.
Wie profitieren Unternehmen vom ESG Reporting?
Die ESG-Kennzahlen sind gewissermaßen ein zahlenmäßiger Spiegel der Unternehmens-DNA. In ihren Lageberichten bringen Unternehmen zum Ausdruck, dass ihnen die Themen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung wichtig sind. Die kontinuierliche Erfassung der Daten trägt dazu bei, die eigene Nachhaltigkeitsleistung zu verbessern und die Arbeitgeberattraktivität zu steigern – schließlich kann der Umgang mit ESG-Themen die Entscheidung eines Bewerbers für oder gegen Ihr Unternehmen maßgeblich beeinflussen.
Für die HR-Abteilung entsteht die Möglichkeit, sich mit einem zusätzlichen Wertbeitrag in der Organisation zu positionieren und ihr Standing zu verbessern. Insgesamt sollten Unternehmen die Anforderungen, die sich aus der CSRD ergeben, nicht als lästige Pflicht, sondern als Chance verstehen, sich kritisch mit den eigenen Wertschöpfungsprozessen auseinanderzusetzen und die richtigen Weichen in Richtung einer nachhaltigen Geschäftsausrichtung zu stellen.
Vorgehen bei der ESG-Berichterstattung
Mit Blick auf die Erfassung und Darstellung von personenbezogenen Daten im Rahmen des ESG Reportings lauern verschiedene Stolpersteine, die es erschweren, den Pflichten zur Berichterstattung nachzukommen. Dazu gehört beispielweise auch eine fehlende Sensibilität gegenüber dem Thema.
Da die EU das Thema aber massiv vorantreibt, ist es nur eine Frage der Zeit, wann Organisationen damit konfrontiert sein werden. Wenn bisher keine qualitätsgesicherten HR-Daten vorliegen, können daraus erhebliche Konsolidierungsaufwände in der Zukunft entstehen. Verfügen Unternehmen nicht über eine zentrale Datenhaltungsplattform und fehlen geeignete Formen der Auswertung, sind die Rahmenbedingungen für das ESG Reporting ebenfalls erschwert.
Bei der Umsetzung der Berichtspflichten, die sich aus der CSRD ergeben, ist eine strukturierte Vorgehensweise letztlich entscheidend. Organisationen müssen klären, welche Zahlen sie benötigen und welche Daten sie heute bereits ohnehin erfassen. Dafür sind die relevanten Kennzahlen und Datenquellen im Vorfeld zu klären. Anschließend gilt es festzulegen, wie die Daten für die Berichterstattung konsolidiert werden können.
Unternehmen sollten die individuellen Herausforderungen identifizieren, die mit dem ESG Reporting für sie einhergehen, um sich bezüglich der eigenen Wertschöpfungskette sowie der damit verbundenen Effekte erfolgreich positionieren zu können. Generell lautet die Empfehlung, erforderliche Maßnahmen frühzeitig einzuleiten, um für kommende ESG-Anforderungen aussagefähig zu sein und daraus Schwung für Ihre eigene strategische Organisationsgestaltung mitzunehmen.