Die Digitalisierung wird die Serviceabteilungen und Serviceprozesse in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Dies umfasst Prozessoptimierungen zur Senkung der Kosten und Reaktionszeiten sowie Effizienz- und Qualitätsverbesserungen zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit. Auf der anderen Seite ermöglicht die digitale Transformation auch die Erschließung neuer Märkte, das Anbieten innovativer Services und die Erschaffung neuer Geschäftsmodelle.
Dieser Beitrag zeigt, auf welche Weise Schlagworte wie Cloud, IoT, Predictive Analytics oder künstliche Intelligenz helfen, die Serviceorganisation der Zukunft zu erschaffen. Wir beschreiben typische Szenarien und zeigen Lösungswege anhand der SAP-Software SAP Hybris Cloud for Customer (C4C) auf. Diese vereint alle Komponenten aus Kundenbeziehungsmanagement (CRM) und Kundenservice in einer Lösung.
Optimierung von Serviceprozessen durch digitale Technologien
“Sie müssen Kosten senken, Durchlaufzeiten verkürzen und mehr Personal einsparen”. So oder so ähnlich klingen die Forderungen aus dem Management, mit denen Serviceorganisationen konfrontiert werden. Die einzige Möglichkeit, diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist die ganzheitliche Verbesserung der Prozesse. Effiziente Abläufe sind die wichtigsten Bausteine im Unternehmen, um die Wettbewerbskraft zu sichern. Der Serviceprozess nimmt hierbei aufgrund der direkten Kundenschnittstelle eine exponierte Stellung ein, denn die Kosten der Bestandskundenpflege sind oftmals viel geringer als die der Neukundengewinnung.
Klassischerweise werden Wettbewerbsvorteile durch hochgradig kostengünstige und effiziente Geschäftsprozesse erzielt. Aufgrund des hohen Vernetzungsgrades und der Geschwindigkeit sich verändernder Rahmenbedingungen spielen im digitalen Zeitalter weitere Aspekte eine tragende Rolle. Umso wichtiger ist es, die Abläufe agil und integriert zu gestalten sowie das Thema Experience strategisch zu verankern, um ein Höchstmaß an Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sicherzustellen. Gewinner werden diejenigen Unternehmen sein, denen es gelingt, traditionelle Methoden zur Optimierung ihrer Serviceprozesse mit zukünftigen Anforderungen intelligent zu verknüpfen.
Traditionelle Optimierungsansätze
Traditionelle Optimierungspotenziale findet man beispielsweise in der Effizienz und Qualität der Serviceprozesse. Ziel der Maßnahmen zur Optimierung dieser Disziplinen ist es in erster Linie, die Kosten zu senken und schnellere Ergebnisse zu erzielen.
Eine Service-Cloud wie C4C sorgt für die kanalübergreifende Zentralisierung aller Service-Tickets in einem System und reichert diese durch verknüpfte Kunden-, Kontakt- oder Produktdaten an. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass alle Informationen an einem Ort gebündelt werden, um die notwendige Transparenz im Prozess zu gewährleisten. So kann schnell und präzise auf Kundenprobleme reagiert werden. Die Konzentration der Daten in einem einzigen System ermöglicht zudem ein aussagekräftiges Reporting, sogar in Echtzeit. Daher sind Kennzahlen zu Team-Performance, Kapazitätsauslastung und sonstigen Service-KPIs nur einen Knopfdruck entfernt. Der Fachbereich ist somit in der Lage, die eigene Prozesseffizienz zu beziffern und kontinuierlich zu verbessern, indem zum Beispiel die durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Kundenvorgangs als Messgröße verwendet wird.
Kostensenkungen werden unter anderem durch den Einsatz digitaler Tools realisiert. Hierbei ist die Nutzung von Cloud-Technologien ein nicht zu unterschätzender Faktor. Charakteristisch hierfür ist die verursachergerechte Zahlung der benötigten Services oder Lizenzen bei monatlicher oder jährlicher Abrechnung. Dies führt zu geringen Investitionsausgaben sowie einer transparenten und bedarfsgerechten Kostenstruktur. Darüber hinaus sorgt ein Service-Tool für prozessbezogene Kosteneinsparungen. Durch die Bereitstellung von Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQs) oder ähnliche Self-Services werden Kundenanliegen behoben, ohne dass sich ein Servicemitarbeiter damit befassen muss. Die Verwendung einer Wissensdatenbank ermöglicht das Finden von Lösungen für wiederkehrende Probleme, ohne diese immer wieder neu zu analysieren.
Weitere Einsparpotenziale, die sich auch positiv auf die Reaktionszeiten auswirken, ergeben sich durch automatisierte Workflows. Diese ermitteln beispielsweise mithilfe künstlicher Intelligenz das korrekte Serviceteam auf Basis einer Kundenmail oder geben Lösungshinweise entsprechend den historischen Ticketdaten. Eine solche Automatisierung sorgt für den Wegfall manueller Schritte oder vorgelagerter Dispositionsabteilungen, was unterm Strich Kosten, Zeit und Ressourcen spart.
Zukünftige Optimierungsansätze
Um sich auch zukünftig im Wettbewerb durchzusetzen, ist es notwendig, dass Serviceorganisationen schnell auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren können. Darüber hinaus ist es essenziell, die Serviceprozesse interdisziplinär mit anderen Unternehmens- und Kundenbereichen zu vernetzten. Dies umfasst eine organisatorische, menschliche und technische Ebene. Vor allem letztere gewinnt in einer digitalen Welt immer mehr an Bedeutung und ebnet den Weg zu optimalen Serviceprozessen. Um in Zeiten disruptiver Geschäftsmodelle und Start-ups nicht ins Hintertreffen zu geraten, muss dem Service ein gewisser Grad an Agilität und Innovationskraft beigemessen werden.
Durch die Nutzung der Cloud-Technologie werden Serviceprozesse auf der grünen Wiese in einer neuen IT-Landschaft abgebildet, ohne von Altsystemen limitiert zu werden. Im Kontext von SAP Cloud-Anwendungen profitiert man von ständigen Erweiterungen und Verbesserungen. Die Basis ist das Innovationsportfolio der SAP (SAP Leonardo), das Funktionalitäten in den Bereichen IoT, Machine Learning, Blockchain, Big Data und Analytics vereint, die in verschiedenen Applikationen zum Einsatz kommen.
Die Agilität und Erweiterbarkeit wird durch Customizing sowie die Möglichkeit eigener Zusatzprogrammierungen innerhalb von C4C sichergestellt. Komplexere Szenarien können durch Erweiterungen auf der SAP Cloud Platform realisiert werden. Denkbare Use-Cases sind die Bereitstellung eines cloudbasierten Reklamationsportals oder die Anbindung von Produktionsmaschinen, die bei Defekten autonom Tickets in C4C erstellen.
In einer digitalen Welt voller Apps und Web-Applikationen ist auch das Thema User Experience nicht zu vernachlässigen. Dies umfasst sowohl die interne Serviceorganisation als auch die Kundenseite. Die Servicemitarbeiter erwarten eine kohärente Benutzeroberfläche über alle Endgeräte hinweg, gepaart mit Möglichkeiten, die Screens an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Diesen Anforderungen werden SAP Cloud-Produkte gerecht, da die aktuelle Design Sprache der SAP, besser bekannt als SAP Fiori, genau diese Dinge verinnerlicht.
Weitaus wichtiger ist die User Experience in Kundenrichtung, die im Servicebereich oftmals als Omnichannel-Unterstützung in Erscheinung tritt. Dem Kunden wird die Möglichkeit geboten, seinen präferierten Kommunikationskanal zu nutzen, der heute oftmals digital geprägt ist. Im Fall von C4C heißt das, dass der Kunde via E-Mail, Social Media, Telefon, Chat oder Self-Service mit der Serviceabteilung interagieren kann. Diese Interaktionen werden innerhalb von C4C als Tickets abgebildet, sodass der Servicemitarbeiter lediglich ein System, der Kunde jedoch den Kanal seiner Wahl nutzen kann. Durch die offenen Schnittstellen sind dem System keine Grenzen dabei gesetzt, innovative Touchpoints wie Chatbots anzubinden.
Ein Thema, das in den Fachbereichen oftmals zu kurz kommt, der IT-Abteilung aber Kopfzerbrechen bereitet, ist die Integration des Service-Tools in Fremdsysteme. Dieser Sachverhalt ist allerdings nicht ausschließlich technischer Natur, sondern bietet dem Servicemitarbeiter und -leiter viele Vorteile in der täglichen Arbeit.
Speziell im Service ist aufgrund der verteilten Informationsarchitektur ein abteilungsübergreifendes Arbeiten notwendig. Häufig arbeitet der Vertrieb mit einem ERP- oder CRM-System, die Produktionsabteilung mit kundenspezifischen Konstruktionsdaten und das Controlling mit historischen Kundenauswertungen. Die einzige Möglichkeit, diese Datensilos aufzubrechen, ist, die Systeme zu integrieren. Speziell die Verknüpfung von CRM- und ERP-System sorgt für schlankere Prozesse und minimierte Abstimmungsaufwände. Die Daten im Service-System können durch externe Daten angereichert werden, um eine 360°-Sicht auf Kunden oder Produkte zu ermöglichen. Darüber hinaus muss der Sachbearbeiter nicht mehr zwischen verschiedenen Systemen wechseln, sondern hat alle notwendigen Daten in einer Oberfläche, was die Effizienz und die Zufriedenheit der Mitarbeiter deutlich steigert. Die Verheiratung des CRM- und ERP-Systems führt zur Vermeidung von Redundanzen und Doppelpflegeaufwänden, was in einer höheren Datenqualität sowie einer geringeren Fehleranfälligkeit resultiert.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Verknüpfung von Lager- und Beschaffungsdaten. Dies ermöglicht dem Techniker im Außendienst, dem Mitarbeiter im Innendienst verlässliche Informationen über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen oder dem Kunden den Lieferstatus einer Bestellung mitzuteilen. Im C4C-Servicesystem ist dann der Zugriff auf kundenspezifische Maschinen- und Konstruktionsdaten beziehungsweise Messwerte möglich. Darüber hinaus können vertriebsrelevante Angebote und Verträge zentral im Service-System erstellt und für Beschaffungs- und Fakturierungsvorgänge an ein ERP-System übermittelt werden. Für SAP Cloud-Software gibt es hierfür vorgefertigte Integrationsbausteine, um Cloud, On-Premise sowie Drittanbieter über Schnittstellen zu verbinden. Zusammenfassend trägt dies dazu bei, die Kundenbindung durch eine optimale Betreuung und Beratung zu verbessern und Umsatzsteigerungen zu erzielen.
Neben den technischen Schnittstellen ist auch die menschliche Integration im Prozess notwendig, besser als Kollaboration bekannt. Um schnellstmöglich aufkommende Kundenprobleme mit einer hohen Qualität und in möglichst kurzer Zeit zu lösen, ist es notwendig, dass sich Kundenservice, Produktexperten und Vertrieb in Echtzeit über eine gemeinsame Plattform austauschen. Eine Service-Cloud unterstützt dies durch Chats und Newsfeeds à la Facebook, integrierte Wissensdatenbanken, abteilungsübergreifende Ressourcenplaner und Teamkalender sowie Mobility-Funktionen für einen Service on-the-Go.
Neue Serviceangebote
Die Fortschritte verschiedener Technologien führen zu einem Paradigmenwechsel in Unternehmen weltweit. Seit dem Jahr 2000 ist die Hälfte der großen Unternehmen in den USA vom Markt verschwunden. Der Hauptauslöser für dieses Phänomen ist die digitale Transformation und die damit verbundene Veränderungsgeschwindigkeit. Speziell großen Unternehmen fällt es schwer, Modernisierungsprojekte, Umstrukturierungen und Innovationen voranzutreiben. Auch der Bereich Kundenservice befindet sich im Wandel und kann dazu beitragen, dass die Digitalisierung eine Chance und keinen Risikofaktor darstellt.
In vielen Unternehmen wird die Service-Abteilung als Cost Center gesehen - mit dem Hauptfokus, die Kosten durch Prozessoptimierungen zu reduzieren. Einen Schritt weiter geht der Aufbau neuer Serviceangebote und damit verbundener Geschäftsmodelle. Durch entsprechende Maßnahmen wird aus dem ehemaligen Cost Center ein Profit Center, das eigene Umsätze generiert. Die Grundlage dafür bildet die Entwicklung digitaler Mehrwertdienste, sodass der Kauf eines Produkts nicht das Ende, sondern den Beginn eines neuen Wertschöpfungsprozesses darstellt. Da physische Artikel oftmals austauschbar sind, verfolgen viele Hersteller die Idee, eigene Produkte durch digitale Services aufzuwerten. Diese intelligenten Services kombinieren verschiedene Datenquellen wie interne IT-Systeme, Web-Dienste, mobile Endgeräte oder Sensoren im Industrie- oder Smart-Home-Umfeld, um neue Informationen und Dienstleistungen im B2B- und B2C-Sektor bereitzustellen. Neben der verbesserten Kundenzufriedenheit und -bindung profitieren Unternehmen von zusätzlichen Umsatzkanälen durch Cross- und Upselling sowie von einer Skalierung der Servicedienstleistungen. Das übergeordnete Unternehmensziel sollte daher die langfristige Bindung des Kunden an das eigene Ökosystem sein, das aus der Kombination von analogen Produkten und digitalen Services besteht. Die Serviceorganisation wird dadurch zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor und kann mit verschiedenen Szenarien den Unternehmenserfolg nachhaltig sichern.
Eine denkbare Erweiterung des Service-Geschäftsmodells ist die Einführung neuer Preismodelle wie Pay-per-use oder Abonnements. Analog zum Kfz-Leasing werden bei beiden Modellen die Kunden über einen langfristigen Vertrag an das Unternehmen gebunden und sorgen durch periodische oder verbrauchsbezogene Gebühren für wiederkehrende Einnahmen.
Bei Pay-per-use wird dem Kunden ein Produkt oder eine Dienstleistung gegen ein verbrauchsbezogenes Entgelt zur Verfügung gestellt, anstatt den kompletten Kaufpreis dafür zu verlangen. Rolls-Royce stellt mit “Power-by-the-hour” die tatsächlich geleisteten Flugstunden in Rechnung, anstatt den kompletten Preis für ein Flugzeugtriebwerk beim Kauf einzufordern. Die Kunden bezahlen neben dem physischen Produkt zusätzlich für eine hohe Verfügbarkeit und Risikominimierung, was bei Rolls-Royce unterm Strich für höhere Umsätze sorgt.
Im Unterschied dazu erfolgt beim Abo-Modell die Abrechnung nicht verbrauchsbezogen, sondern mit periodischen Fixpreisen. Davon macht das Produkt “Tools on demand” des Werkzeugherstellers Hilti Gebrauch. Hierbei mietet der Kunde Werkzeuge gegen eine monatliche Gebühr, um Kapazitätsspitzen auszugleichen, Investitionskosten zu sparen oder von Innovationen zu profitieren. Nach dem Gebrauch gehen die Maschinen an Hilti zurück, wo sie erneut vermietet oder verbilligt verkauft werden. Für die Abbildung derartiger Geschäftsmodelle ist ein Cloud-Tool zwingend notwendig, um Betriebsstunden zu erfassen, diese mit Kundendaten zu verknüpfen und ein transparentes Reporting zu ermöglichen.
Ein weiteres innovatives Angebot ist die Darbietung integrierter Services. Hierunter versteht man beispielsweise die automatisierte Instandhaltung durch IoT-Technolgie. Vernetzte Sensoren erfassen die Vitalparameter einer Maschine und leiten bei Anomalien entsprechende Gegenmaßnahmen ein. Diesen Use-Case setzt der Reinigungsgerätehersteller Kärcher mit dem Produkt “Kärcher Fleet” um. Das Flottenmanagement erlaubt es Maschinen, eigenständig Defekte zu melden, die dann ein Techniker bearbeitet. Darüber hinaus wird die Planung und Steuerung der Maschinen durch Alarmierungen, Statusreports und Standort-Tracking unterstützt. Für die daraus resultierende Erhöhung der Produktverfügbarkeit sowie Transparenz im Maschinenpark ist der Kunde gerne bereit, den Zusatzservice zu bezahlen. Darüber hinaus wird der Abnehmer stärker an das Ökosystem des Herstellers gebunden, wenn die Sensordaten in weiteren Prozessen, beispielsweise der Planung von Maschinenauslastungen, verwendet werden. Für ein solches Szenario muss das Service-Tool des Produzenten über offene Schnittstellen verfügen. Diese ermöglichen der defekten Maschine die Anlage eines Servicetickets zur weiteren Bearbeitung oder die Weitergabe der Sensordaten an externe Systeme.
Eine Stufe intelligenter ist die Bereitstellung proaktiver Serviceangebote, um beispielsweise eine Maschine auf Basis gesammelter Sensordaten vorrausschauend zu warten, Stichwort Predicitve Maintenance. Als Beispiel aus der Praxis ist ThyssenKrupp zu nennen. Mit der cloudbasierten Lösung MAX sammelt das Unternehmen für Aufzugsysteme Sensordaten, die von KI-basierten (künstliche Intelligenz) Algorithmen analysiert werden. Dies ermöglicht die Vorhersage von Wartungsarbeiten oder Defekten, bevor sie auftreten. Der Kunde zieht Vorteile aus der erhöhten Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Effizienz durch diese innovative Serviceleistung. Der Maschinenbauer profitiert neben zusätzlichen Umsatzeinnahmen durch Serviceverträge auch von optimierten Wartungsplanungen und der kontinuierlichen Verbesserung der Produktqualität aufgrund der gesammelten Daten.
Ob Industrie 4.0 oder Smart Home, die Digitalisierung und Vernetzung sämtlicher Endgeräte führt zur Erzeugung und Speicherung unvorstellbarer Datenmengen. Die intelligente Verknüpfung dieser Daten ebnet den Weg für Smart Services. Hierunter versteht man die Verknüpfung dieser vernetzten Produkte mit datenbasierten Dienstleistungen zur Erhöhung des Kundennutzens. Weit verbreitet sind digitale Plattformen, die für Kunden geöffnet werden, um ein eigenes Ökosystem um das eigentlich verkaufte Produkt zu schaffen. Dies ermöglicht die Vernetzung von Kunden, Partnern, Maschinen und Prozessen.
Auch der Traditionskonzern Knorr-Bremse AG beschäftigt sich aktuell mit Digitalisierungsthemen. Der Hersteller von Bremssystemen experimentiert mit neuen Service-Geschäftsmodellen, die auf einem Pool an strukturierten und unstrukturierten Daten basieren. Die offene digitale Plattform 4.0 hilft der Bahnbranche bei der Überwachung und Wartung des Schienenverkehrs. Eine Erweiterung auf Subsystemlieferanten ist bereits in der Planung. Aus den gesammelten Sensordaten lassen sich noch zusätzliche Dienstleistungen entwickeln, beispielsweise eine Bremslandkarte für Zugstrecken. Diese können Bahnbetreiber erwerben, um beispielsweise die Sicherheit oder Schienenwartung zu verbessern.
Siemens bietet seinen Kunden die cloudbasierte IoT-Plattform MindSphere an. Dieses offene Innovationssystem dient dazu, auf Kundenseite eigene Produkte, Systeme und Anlagen zu vernetzen, um von den gesammelten Daten zu profitieren. Somit endet die Customer Journey nicht mit dem Verkauf einer Maschine, sondern beginnt in diesem neuen Geschäftsmodell von neuem, wenn die gekaufte Maschine mit der Plattform verbunden wird. Damit umgesetzt werden robuste Lösungen im Industrie-4.0-Bereich wie der digitale Zwilling einer Industriemaschine für Simulations- und Monitoring-Szenarien. Siemens MindSphere basiert technologisch auf der SAP Cloud Platform und sorgt daher für die schnelle Entwicklung leistungsstarker End-to-End-Lösungen. Durch vordefinierte Integrationspakete im SAP-Kosmos lässt sich eine derartige Plattform einfach mit bestehenden SAP-Lösungen verbinden, um mit Kunden zu interagieren und vertriebliche Aktivitäten zu steuern. Die Bereitstellung einer digitalen Plattform sorgt für zusätzliche Einnahmen im Rahmen eines Abo-Modells und trägt dazu bei, zukünftige Produkte bedarfsgerecht und kundenzentriert zu entwickeln.
Was technologisch vor fünf Jahren noch Zukunftsvision war, ist heute in einigen Service-Organisationen bereits Standard einer innovativen Kundenkommunikation und Produktpräsentation. Technologische Fortschritte in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI), Chatbots oder virtuelle (Virtual Reality, VR) beziehungsweise erweiterte Realität (Augmented Reality, AR) ermöglichen eine neue Service-Experience.
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Die Deutsche Bahn gestattet Kunden, via digitaler Assistenten und Sprachsteuerung über Amazon Alexa Verbindungsauskünfte einzuholen oder Buchungen zu tätigen.
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Ikea bietet Kunden die Möglichkeit, via AR-Apps zu simulieren, wie ein bestimmtes Möbelstück oder eine komplette Küche in den eigenen vier Wänden aussieht.
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Die französische Kosmetikkette Sephora hat einen Flagship-Store in Mailand mit einem smarten Spiegel ausgestattet, der in Echtzeit und in 3-D das Make-up in das Gesicht des Kunden projiziert. Mehr Komfort bietet die mobile App, über die das Makeup an Selfies ausgetestet werden kann.
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Beim Automobilhersteller Audi können Kunden ihren konfigurierten Neuwagen mit einer VR-Brille als 3-D-Modell erkunden, bevor sie eine verbindliche Bestellung aufgeben. Die genannten Computersimulationen erhöhen die Kundenbindung und -zufriedenheit. Zusätzlich ermöglicht es den Händlern, den Kunden ein unbegrenztes Angebot an Waren zu präsentieren, ohne diese zu produzieren, zu montieren oder einen Quadratmeter Lagerfläche dafür zu verschwenden.
Ein Klassiker unter den Erneuerungen des Serviceangebots ist die Bereitstellung eines Self-Service-Portals für B2B- oder B2C-Kunden. Hierunter versteht man die Möglichkeit, als Kunde eigenständig Serviceangebote in Anspruch zu nehmen, ohne direkt mit einem Mitarbeiter zu interagieren. Dies umfasst beispielsweise FAQs, Wissensdatenbanken oder Diskussionsforen. Die Akzeptanzkriterien eines solchen Portals beruhen auf einer einfachen Benutzerführung. Diese kann durch die Einbettung von Screenshots und Erklärvideos, aktuelle Inhalte, intelligente Suchfunktionen sowie eine Optimierung der Seite für mobile Endgeräte erreicht werden. Der Technikriese Apple ermöglicht die Nutzung dieser Dienste über eine eigene Support-Webseite. Dazu zählt die automatisierte Prüfung der Garantieansprüche anhand der Produkt-Seriennummer sowie das Anlegen einer Reparaturanforderung im Rahmen des Reklamationsmanagements. Wer zuvor für sein Apple-Gerät einen zusätzlichen Supportvertrag abgeschlossen hat, profitiert in diesem Prozess von kürzeren Bearbeitungszeiten oder einem nahezu kostenlosen Gerätetausch.
Zur Abbildung dieses Szenarios kann eine Service-Cloud in diversen Bereichen unterstützen. Zum einen dient die CRM-Lösung als Datenbasis für Kunden- und Garantiedaten sowie zur Dokumentation der Supporttätigkeiten. Zum anderen ist es möglich, die Reparaturanforderungen über Servicetickets abzubilden. Die Cloud-Technologie stellt die hohe Verfügbarkeit und Skalierbarkeit der Self-Services sicher und ermöglicht die Bereitstellung ansprechender Web-Applikationen im Corporate Design.
Einen Schritt weiter gehen Self-Service-Produktangebote oder Online-Konfiguratoren, mit denen der Kunde unabhängig von Zeit und Ort Produkte selbst gestalten und bestellen kann. Von Kleidungsstücken über Müslis bis hin zu Autos oder Küchen sind dem Service-Offering keine Grenzen gesetzt. Dem Hersteller entstehen dadurch keine operativen Kosten, da der Kunde das Produkt eigenständig kreiert und ordert. Darüber hinaus werden Lagerhaltung und Absatzrisiken optimiert, sofern die Produkte erst bei Bedarf in Losgröße 1 gefertigt und ausgeliefert werden. Berührungspunkte zu einem Cloud-CRM entstehen durch das Zwischenspeichern kundenbezogener Konfigurationen sowie das Erfassen von Neu- und das Aktualisieren von Bestandskundendaten.
Fazit
Die Potenziale der Service-Transformation zu kennen, ist schön und gut. Die große Herausforderung liegt selbstverständlich in deren Umsetzung. Den Fachbereich beschäftigen Fragen wie "Was ist die richtige Erweiterung für uns speziell?", "Wie sieht unser neues Geschäftsmodell aus?", "Wie überzeugen wir das Management und die Mitarbeiter?", "Wie präsentieren wir die neuen Services unseren Kunden?", "Wo fangen wir überhaupt an?”
Ein Weg, um Licht in diese Sachverhalte zu bringen, ist die Verwendung des Design Thinking-Ansatzes. Diese Methode dient der Lösung von Problemen sowie der Entwicklung neuer Ideen. Im Zentrum stehen interdisziplinäre Teams aus Kunden, Fachabteilung, Management, IT und Beratern, die nutzerorientierte Lösungsalternativen entwickeln und bewerten. Diese werden anhand von Prototypen iterativ entwickelt, um die drei wesentlichen Erfolgsfaktoren innovativer Produkte sicherzustellen: technologische Machbarkeit, wirtschaftliche Nachhaltigkeit und menschliche Erwünschtheit.
Der größte Fehler mit verheerenden Folgen ist, die digitale Transformation sowie die Auswirkungen auf den Bereich Service zu ignorieren oder auf die lange Bank zu schieben. Der Start muss spätestens jetzt mit Impuls aus der Fachabteilung erfolgen.