Unternehmen setzen Robotic Process Automation (RPA) ein, um strukturierte Geschäftsprozesse zu automatisieren. Digitale Software-Roboter (Bots) übernehmen die Rollen und Aufgaben von Anwendern. Dabei greifen sie auf die Fähigkeiten eines intelligenten Informationssystems zurück. RPA funktioniert applikations- und systemübergreifend mit unterschiedliche User Interfaces (UIs) oder Application Programming Interfaces (APIs). Die Möglichkeiten von RPA-Software reichen vom Aufzeichnen verschiedener Anwendungen über das Entwickeln, Debuggen, Orchestrieren und Überwachen von Bots bis hin zum Nutzen der anfallenden Daten.

 

Mitarbeitereintritt als Fallbeispiel

Ein Anwendungsbeispiel, welches das Potenzial von RPA aufzeigt, ist der Eintritt eines neuen Mitarbeiters in ein Unternehmen. Dieser Prozess beginnt mit dem Unterzeichnen des Arbeitsvertrags und dem Ausfüllen des Personalbogens. Ein Personalsachbearbeiter erhält die Dokumente per E-Mail und pflegt die Daten in die Personalakte des SAP-Systems ein. Kurz vor Beginn der Tätigkeit schickt er dem neuen Mitarbeiter dann eine Einladung zum Einführungstag. Außerdem stellt er über Sharepoint Informationsmaterial zusammen und schickt es ihm zu. Damit der Mitarbeiter an seinem ersten Arbeitstag alle erforderlichen Berechtigungen hat, werden über das Identity Management Benutzerrollen angelegt und in der Systemlandschaft verteilt.

 

Der beschriebene Prozess bietet verschiedene Ansatzpunkte, bei denen Robotic Process Automation den Sachbearbeiter sinnvoll unterstützen kann. Per Texterkennung (OCR) oder Machine Learning überträgt ein Bot die Informationen aus dem Personalbogen automatisch in das SAP-System und spart dem Sachbearbeiter den Abgleich der Daten. Auch das Verschicken der E-Mail mit der Einladung zum Einführungstag könnte ein Bot übernehmen. Eine weitere Aufgabe, die der digitale Helfer schnell und effektiv erledigt, ist das Zusammenstellen und Versenden des Infomaterials.

 

Zwei Modi operandi

In Bezug auf die Arbeitsweise von Bots gibt es zwei Varianten: den Assistentenmodus (Attended Mode) und den Arbeitermodus (Unattended Mode). Im Assistentenmodus unterstützt der Bot den Menschen beim Bearbeiten von Prozessen, indem er Teilschritte oder den gesamten Prozess übernimmt. Die Aufgabe des Menschen beschränkt sich in diesem Fall darauf, zu kontrollieren und zu genehmigen. Der Assistentenmodus heißt auch Robotic Desktop Automation, da der Bot als Agent auf dem Desktop des Anwenders läuft.

Im Arbeitermodus bearbeitet der Bot Prozesse vollständig autonom. Dafür läuft er auf Servern oder virtuellen Workstations. Ausgelöst wird der Bot durch APIs oder durch Business Process Modeling (BPM), wie es beispielsweise die SAP Cloud Platform bietet.

 

Wofür eignet sich RPA?

Prozesse sind in der Regel funktionsübergreifend (sie betreffen mehrere Abteilungen), systemübergreifend (sie werden nur selten in einem System abgewickelt) und modular aufgebaut (sie lassen sich in mehrere Teilprozesse aufteilen). Zudem laufen (Geschäfts-)Prozesse meist informationsgetrieben ab. Das heißt, sie bekommen Informationen über Schnittstellen, zum Beispiel durch anderen Informationssysteme, oder von Menschen. Ausgeführt werden die Prozesse manuell, teilautomatisiert oder automatisch.

 

Der wichtigste Anwendungsfall für RPA ist das Automatisieren dieser Geschäftsprozesse. Darüber hinaus können Bots auch zum Einsatz kommen, um Systeme zu migrieren, eine Integration zwischen Systemen herzustellen und sogenannte Side-by-side-Szenarien für die AI-Umstellung zu bauen. Denn damit Machine-Learning-Modelle menschliches Verhalten nachahmen, benötigen sie für das Training große Mengen an Daten. Ein Bot kann bei seiner Tätigkeit solche erforderlichen Daten sammeln.

 

Welche Merkmale müssen Prozessen aufweisen, um für eine Automatisierung durch RPA infrage zu kommen? Die Prozesse werden bisher manuell ausgeführt und wiederholen sich oft. Außerdem sind sie über verschiedene Systeme oder Applikationen verteilt und äußerst datenintensiv. Bisher gibt es keine nativen Integrationen über Systemgrenzen hinweg. Die Prozesse sind äußerst datenintensiv, da sie sich aus vielen Datenquellen bedienen. Um zahlreiche unterschiedliche Schnittstellen anbinden zu können, kommunizieren die Prozesse viel.

 

Das RPA-Portfolio von SAP

Zu den Kernfunktionalitäten von SAP Intelligent Robotic Process Automation (IRPA) gehören das Design und das Erstellen von Bots, ihre Orchestrierung und das Monitoring sowie die Ausführung. IRPA setzt sich aus den drei Komponenten Desktop Agent, Desktop Studio und Cloud Factory zusammen. Der Desktop Agent läuft auf einem Server oder einem Desktop-PC und ist die Ausführungsumgebung für den Bot. Die entworfenen Bot-Routinen werden in den Desktop Agent geschoben und ausgeführt.

 

Das Desktop Studio bietet die Möglichkeit, Bots zu entwickeln. Dafür werden entweder Anwendungen mit ihren einzelnen Schritten aufgezeichnet oder der Bot wird im Scripting mit einem eigenen Quellcode angepasst und der Workflow wird festgelegt. Die Cloud Factory läuft auf der SAP Cloud Platform und wird verwendet, um die Bots zu überwachen, zu verteilen, zu orchestrieren und die Bot-Routinen in einer Versionskontrolle zu haben. Zusätzlich lassen sich die anfallenden Daten und Error Logs in der Cloud Factory speichern und zu einem späteren Zeitpunkt erneut verwenden.

 

Blick auf die Architektur

Der Desktop Agent läuft auf einem Betriebssystem. Aktuell unterstützt SAP Windows-Maschinen und unixbasierte Systeme für Serveranwendungen. Als Konnektivitätsmöglichkeiten stehen neben Web-Services, die APIs auf der SAP Cloud Platform und Cloud-Anwendungen von SAP ansteuern, auch Konnektoren für andere Cloud-Anbieter wie Azure und AWS zur Verfügung. Eine HTML-Engine steuert HTML-Anwendungen wie SAPUI5 oder SAP Fiori und alte BSP-Anwendungen (Business Server Pages). Darüber hinaus gibt es verschiedene Konnektoren, die SAP speziell entwickelt hat, zum Beispiel für SAP GUI, Outlook, Word oder Excel. Über Frameworks und ein Projektszenario wird das Ganze dann an einen Worker ausgeliefert. Als weiterer Kernpunkt der Architektur übernimmt die Cloud Factory Monitoring-, Managing- und Orchestrating-Aufgaben.

 

Kontinuierlicher Ausbau des Angebots

Das RPA-Portfolio von SAP bietet ein hohes Maß an Flexibilität und dadurch viele Möglichkeiten bei der Automatisierung von Prozessen. Natürlich ist eine durchgängige Kompatibilität mit anderen SAP-Lösungen gewährleistet, sodass IRPA in alle möglichen Cloud-Produkte von SAP, aber auch in SAP GUI, S/4HANA und die neuen Weboberflächen integriert werden kann. IRPA bringt alle Bestandteile mit, um Robotic Process Automation in einem Enterprise-Kontext einzusetzen.

 

Im Best Practice Explorer bietet SAP vorgefertigte Bots an. Das bedeutet, dass Unternehmen keine eigenen Bots entwickeln müssen, wenn sie nur die Standardfunktionalitäten nutzen möchten. Abgerechnet wird der Einsatz der Pre-Built Bots flexibel nach Voumen. Während SAP die Zahl der Bausteine für die Bots kontinuierlich erweitert, können Entwickler auch eigene Bausteine fertigen, die auf die eigenen Bedürfnisse abgestimmt sind. Das Ziel dieser Strategie: SAP IRPA soll eine der führenden RPA-Softwares werden.

SAP Intelligent RPA läuft auf der SAP Cloud Platform

Weitere interessante Beiträge: