Die Erwartungen an den Kundendienst nehmen kontinuierlich zu. Kunden verlangen einen proaktiven Service, der tätig wird, bevor eine Maschine zum Stillstand kommt. Sie möchten vollumfänglich über die anstehenden Schritte der Service-Abwicklung informiert werden – vom genauen Zeitpunkt des Vor-Ort-Einsatzes bis hin zu den benötigen Ersatzteilen. Neue Abrechnungsmodelle, bei denen Kunden gegen eine monatliche Gebühr aus einer Reihe aus Produkten und Services wählen können, und die Möglichkeit, Unternehmen im Sinne eines Omnichannel-Ansatzes auf unterschiedlichsten Wegen zu kontaktieren, werden immer gefragter. Kurz gesagt: In Sachen Service möchten Kunden im B2B-Umfeld die gleiche Customer Experience erfahren, wie sie sie als Verbraucher aus dem privaten Bereich kennen.
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Voraussetzungen für effizienten Service
Mit Blick auf die Service-Mitarbeiter ist es wünschenswert, dass sie Einsätze übernehmen, die zu ihren Qualifikationen passen. Für reibungslose und effiziente Service-Einsätze benötigen die Techniker Zugriff auf vollständige Informationen bezüglich der Maschinen- und Kundenhistorie sowie offener Ersatzteilangebote und sollten über mobile Endgeräte idealerweise jederzeit erreichbar sein. Zudem müssen sie sich darauf verlassen können, dass sie vor Ort die relevanten Ressourcen – zum Beispiel Ersatzteile, die sie für die Reparatur benötigen – auch tatsächlich vorfinden. Die Unternehmensleitung wiederum stellt ebenfalls spezifische Anforderungen an den Kundendienst: Er soll möglichst effizient sein, bestmögliche Qualität bieten, die Kundenbindung erhöhen und zusätzliche Umsätze generieren.
Service-Prozesse mit passender Software abbilden
Unternehmen stehen vor der Herausforderung, die vielfältigen Erwartungen an den Service mithilfe geeigneter Software-Lösungen zu erfüllen. In SAP ERP hat sich SAP Customer Service (CS) als leistungsstarkes Modul bewährt. Der Haken: In SAP S/4HANA ist SAP CS im Kompatibilitätsmodus nur noch bis Ende 2030 verfügbar. Für die Zeit danach müssen Unternehmen also eine Alternative finden.
Zum nahenden Ende von SAP CS gesellt sich ein genereller Wandel in der Unternehmens-IT. Der Vormarsch der Cloud-Technologien macht die Fachbereiche in gewisser Weise unabhängig von der IT, da sie beispielsweise Anwendungen für Vertrieb und Service eigenständiger nutzen können. Im Zuge der Digitalisierung stehen in vielen Unternehmen aktuell Entscheidungen über strategische Investitionen in (Cloud-)Plattformen an, um die Geschäftsprozesse zu digitalisieren. Innovative Technologien wie Machine Learning, künstliche Intelligenz und Virtual Reality müssen mit den bestehenden SAP-Systemen kombiniert werden. Die Aufgabe ist es, die aufkommende Innovationskraft mit den stabilen Kernprozessen im Service, in der Finanzbuchhaltung und in der Supply Chain in Einklang zu bringen, die davon möglichst unberührt bleiben sollen.
Zweigleisige Service-Strategie von SAP
Auch in der künftigen Service-Strategie von SAP spiegelt sich dieser zweigleisige Ansatz wider. SAP S/4HANA Service stellt als Nachfolger von SAP Customer Service den stabilen Kern bereit, innerhalb dessen die Basisprozesse ablaufen. Hier gibt es wenig Potenzial für Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb, weil sich die Prozesse in den meisten Unternehmen ähneln.
Um den stabilen Kern mit den Basisprozessen ordnen sich flexible Cloud-Lösungen an, mit denen Unternehmen den Unterschied machen können.
Der zweite Bestandteil in der SAP-Service-Strategie sind flexible Cloud-Lösungen, mit denen Unternehmen schnell auf Veränderungen und neue Anforderungen reagieren können. Sie bieten hohe Innovationskraft, ohne die Kernprozesse zu berühren. Mit sauberen Service-Touchpoints, Portal-Lösungen und dem Internet of Things können sich Unternehmen vom Wettbewerb abheben, zusätzliche Umsätze generieren und die Kundenbindung erhöhen.
Die verschiedenen Schichten um den stabilen Kern herum bilden unter anderem die SAP Service Cloud mit Omnichannel- und Ticketing-Funktionalitäten und weitere Lösungen aus dem Portfolio von SAP Customer Experience, zum Beispiel für den Field Service, sowie SAP Intelligent Asset Management, das die Verwaltung von komplexen Anlagen und Installationen ermöglicht sowie die Bereiche IoT Condition Monitoring und Predictive Maintenance abdeckt. Analytics-Lösungen bilden eine Analyseschicht über alle Systeme hinweg und sorgen für ein ganzheitliches Reporting im Frontend und Backend sowie für Vorhersagen mittels Predictive Analytics.
SAP S/4HANA Service für die Backend-Prozesse
Das Service-Management und die Abwicklung der Backend-Prozesse läuft künftig über SAP S/4HANA Service, das früher SAP S/4HANA Customer Management hieß. Das Modul wird benötigt, um den Serviceprozess tatsächlich end-to-end abbilden zu können. SAP S/4HANA Service kombiniert die funktionalen Elemente aus SAP Customer Service und SAP CRM Service mit verschiedenen Innovationen. Da das Wartungsfenster für SAP CS im Kompatibilitätsmodus 2030 endet, müssen Unternehmen ihre Service-Transformation bis dahin abgeschlossen haben.
Als Funktionsbereiche umfasst SAP S/4HANA Service die Service-Planung, technische Dienstleistungen, kaufmännische Dienstleistungen und Service-Analytics. Im Bereich der Service-Planung ermöglicht SAP S/4HANA Service die Erarbeitung ganzheitlicher Strategien für das Service-Angebot. So lässt sich der komplette Service-Lebenszyklus mit Dienstleistungen und Produkten planen. Bei den technischen Dienstleistungen geht es um die End-to-End-Durchführung des klassischen Service-Managements und von Service-Operationen – von der Planung bis zur Erfüllung. Alle dazu erforderlichen Services lassen sich auf einer einzigen Plattform und durchgängig integriert verwalten. Die kaufmännischen Dienstleistungen bieten die Möglichkeit, sich durch ein kommerzielles End-to-End-Modell mit hochwertigen gebündelten Lösungen gegenüber der Konkurrenz abzuheben. Service-Analytics liefert ohne technisch komplexe Reports Einblicke in die Leistungsfähigkeit des Service. So lässt sich die Produktivität von Service-Operationen maximieren. Außerdem prognostizieren Analytics-Funktionen die Auswirkungen bestimmter Maßnahmen auf das Geschäftsergebnis während des gesamten Prozesses.
SAP Customer Experience für den direkten Kundenkontakt
Die Produkte von SAP Customer Experience (CX) spielen im Serviceprozess immer dann eine Rolle, wenn es um Interaktionen mit Kunden sowie die Planung und Durchführung von Serviceeinsätzen geht. Mit mobilen Apps, Offline-Funktionalität und weltweiter Erreichbarkeit spielt SAP CX als Cloud-Lösung seine besonderen Stärken aus. Die Anfragen der Kunden sollen gebündelt auf einem Service-System laufen – unabhängig davon, über welchen Kanal die Anfragen gestellt werden. Hierbei nimmt die SAP Service Cloud eine zentrale Rolle ein, indem sie Omnichannel- und Ticketing-Funktionalitäten bereitstellt und dafür sorgt, dass sich die Service-Mitarbeiter auf die komplexeren Fälle konzentrieren können. Auch das Order Management mit Service-Aufträgen und Ersatzteilangeboten lässt sich über die SAP Service Cloud abwickeln. Weitere Lösungen aus dem SAP CX-Portfolio sind SAP Field Service Management (FSM) für die Einsatzplanung und Qualtrics für das Customer Experience Management mithilfe von Zufriedenheitsumfragen und Follow-up-Aktionen.
Strategien für die Ablösung von SAP Customer Service
Der Kompatibilitätsmodus von SAP Customer Service in SAP S/4HANA läuft am 31. Dezember 2030 aus. Daher sollten sich Unternehmen bereits jetzt mit der Frage befassen, wie sie vom SAP CS-Modul auf SAP S/4HANA Service wechseln können. In der Übergangsphase kann SAP CS unter SAP S/4HANA weiterverwendet werden. Allerdings es ist sinnvoll, die Funktionalitäten, die später unter SAP S/4HANA Service nicht mehr verfügbar sind, schon jetzt durch ein SAP CX-Produkt abzulösen und mit SAP CS zu integrieren. Ein häufiges Vorgehen ist, den CS-Scope auf die Backoffice-Prozesse zu reduzieren und in der Zukunft dann SAP CS durch SAP S/4HANA Service zu ersetzen.
Variante 1: „Minimize Impact“
Für die Service-Transformation von SAP Customer Service zu SAP S/4HANA Service sind verschiedene Varianten denkbar. Beim „Minimize Impact“-Ansatz sollen möglichst viele Funktionalitäten aus dem SAP CS/PM-Kontext weiterverwendet und nur wenige Funktionalitäten in die SAP S/4HANA-Welt übertragen werden. Um das SAP CS-Modul abzulösen, findet im Hintergrund der Wechsel zu den SAP PM-Objekten für die Abwicklung der Backend-Prozesse statt, die länger verfügbar sind und eine bessere Integration bieten. Das Ziel von „Minimize Impact“ ist es, die Migrationsaufwände möglichst klein zu halten, indem der CS-Prozess beibehalten wird und die CS-Objekte durch erweiterte PM-Objekte ersetzt werden. Die kaufmännischen Teile des CS-Prozesses werden mit SAP S/4HANA Service abgebildet.
Variante 2: „Best of both worlds“
Ein anderer Ansatz für die Service-Transformation trägt die Bezeichnung „Best of both worlds“. Hierbei werden bereits in der Übergangsphase deutlich mehr Funktionalitäten aus SAP S/4HANA Service verwendet, nur ein vergleichsweise geringer Anteil verbleibt im SAP CS-Modul. Die Einsatzplanung wird in SAP Field Service Management ausgelagert, während die Aufgaben und Integrationsbausteine in SAP Customer Service verbleiben. Ein wesentlicher Vorteil dieses Vorgehens besteht darin, dass die SAP CS-Kunden maximale Innovationskraft erzielen. Der Serviceprozess in SAP S/4HANA Service beinhaltet die gleichen Funktionalitäten wie der SAP CS-Prozess. Die höheren Migrationsaufwände werden mit den realisierbaren Innovationen und den damit verbundenen Vorteilen aufgewogen.
In der künftigen Service-Landschaft von Unternehmen werden SAP S/4HANA, SAP Customer Experience und SAP Field Service Management zentrale Rollen einnehmen.
Für den „Best of both worlds“-Ansatz muss SAP FSM mit SAP ECC bzw. mit SAP S/4HANA kommunizieren. Heute wird der CS-Prozess ohne die Verbesserungen aus SAP S/4HANA abgebildet und Teile des CS-Prozesses in SAP FSM ausgelagert. Der erste Transformationsschritt ist dann der Wechsel von SAP CS/PM auf SAP S/4HANA Service. Weil einige Funktionalitäten in SAP FSM ausgelagert sind, gibt es weniger CS-Altlasten. Den Abschluss der Service-Transformation bildet die Einbindung der SAP Service Cloud. Dann startet der Prozess nicht mehr mit einer Service Order, sondern mit einem Ticket. Die Service Order wird als Follow-up-Aktion aus dem Ticket ausgelöst.
Variante 3: Greenfield-Ansatz
Die dritte Option, für die sich Unternehmen bei der Service-Transformation entscheiden können, ist der Greenfield-Ansatz. In diesem Fall werden die SAP CS-Prozesse komplett neu in SAP S/4HANA Service aufgesetzt, um sämtliche Funktionalitäten so früh wie möglich damit abzudecken. Die Integration läuft über standardisierte APIs.
Fazit: Frühzeitig mit der Service-Transformation beginnen
Unternehmen benötigen durchgängige und digitalisierte End-to-End-Serviceprozesse, um mithilfe von Innovationen Wertschöpfung im Kundendienst zu betreiben. Die Kombination von stabilen Prozessen und flexiblen Erweiterungen schafft Investitionssicherheit. Dabei wird künftig SAP S/4HANA Service für die Geschäftsprozesse im Backoffice eingesetzt. SAP CX-Lösungen schaffen ein flexibles Frontoffice und machen die Arbeit der Service-Agenten und der Service-Techniker leichter. Die SAP Business Technology Platform wird als Basis für Integration und Erweiterungen genutzt. Für eine erfolgreiche Service-Transformation ist es entscheidend, frühzeitig ein Konzept für die Ablösung von SAP Customer Service zu erstellen. Dabei sollten die Prozesse und nicht die Technologie im Vordergrund stehen.